Mittwoch, 6. August 2014

Die Sache mit der Ehrlichkeit


Wir alle möchten im Grunde unseres Herzens, dass ehrlich mit uns umgegangen wird. Wenn man nicht gerade am Münchhausen-Syndrom leidet, gehen wir normalerweise davon aus, dass unsere Mitmenschen ehrlich mit uns sind und wägen uns selbst als loyaler und damit ehrlicher Mensch.

Aber ist dem wirklich so?

Unser Leben besteht nicht nur aus Millionen kleiner Notlügen („Nein, die Hose macht dich echt nicht dick“ oder "Papierstau? Nö, ich habe grade nichts gedruckt") sondern auch aus den richtig großen Lügen. Die, wenn sie herauskommen würden, vielleicht alles verändern. Zum Beispiel die Selbstlüge. Jeder von uns kennt aus meiner Erfahrung heraus mindestens ein Paar, welches eigentlich nur noch zusammen ist, weil einer oder beide davon nicht alleine sein wollen. Man redet sich so lange ein, dass man doch eigentlich ganz zufrieden ist, bis man es irgendwann glaubt. Liebe wird allzu oft mit Routine verwechselt. Diese Lügen sind oft besonders bitter, denn sie betreffen unsere innersten Gefühle. Und deshalb macht uns gerade dort die Wahrheit besonders stark zu schaffen. Es tut weh, wenn man kurz vor dem Bachelorabschluss merkt, dass man sich eigentlich die ganze Zeit nur etwas vorgemacht hat und ganz genau weiß, dass man in diesem Studiengang nie glücklich war und auch nie sein wird. Und es tut weh, wenn man sich eingestehen muss, dass die einst so gute Freundin mittlerweile eben doch nur noch eine Idee einer Freundschaft ist und keine Freundschaft selbst. Allzu oft verschiebt man Treffen mit den Menschen, die man am liebsten mag und trifft sich dafür mit denen, auf die man eigentlich gar nicht so viel Lust hat. Weil man sich bei ihnen nicht traut  zu sagen, dass man heute gar nicht in Stimmung für ein Treffen ist. Bei den Menschen die man wirklich und von Herzen mag, ist Ehrlichkeit viel leichter umzusetzen. Man hat eine Art Grundvertrauen in diese Beziehung und weiß, dass ehrliche Worte sie nicht belasten. Wer also feststellt, dass er immer öfter seine eigenen Bedürfnisse zugunsten anderer oder aus purer Bequemlichkeit unterdrückt, sollte darüber nachdenken, ob etwas in seinem Leben schiefläuft.

Warum lügen wir überhaupt? Woran liegt es, dass man sich oft bei einer Art „Halbwahrheit“ erwischt?

Mein Freund fragte mich letzte Woche z. B. ob ich Lust hätte, mit ihm und einem Freund zusammen in Transformers zu gehen. Ich sagte, dass ich den Männerabend nicht stören wolle. Glatt gelogen! Stattdessen freue ich mich Mittwochs einfach immer unheimlich darauf, gemütlich Pretty Little Liars zu gucken und einfach mal für mich zu sein. Warum habe ich das (zuerst zumindest, vor diesem Post musste ich ja noch beichten ;) nicht einfach gesagt? Zum einen klang es natürlich viel selbstloser, den Männern ihren „Männerabend“ zu lassen als ein schnödes „Eigentlich habe ich keine Lust“. Zum anderen kann es sein, dass sich die Person gegenüber von der Antwort vielleicht verletzt fühlt. „Aha, sie guckt also lieber allein ihre Serien als Zeit mit mir zu verbringen“. Mein Freund ist nicht so. Dennoch habe ich zuerst gelogen. Warum?

Oft antworten wir aus einem Impuls heraus. Dieser Impuls wird meiner Meinung nach meistens von einem Gefühl geleitet: Angst. Denn ehrlich zu sein erfordert nun einmal ziemlich viel Mut. Ob es nun die oben genannte Selbstlüge ist oder einer der vielen kleinen Notlüge, in den meisten Fällen umgehen wir mit unserer Unehrlichkeit ein Risiko. Das Risiko, allein zu sein. Jemanden zu enttäuschen. Abgewiesen zu werden.  Einen Fehler zuzugeben. Wir geben mit der Wahrheit etwas preis, das unter Umständen ungerne gesehen wird. Deshalb sind wir auch nicht immer ehrlich. Und wenn wir es sind, dann bei den Personen oder in den Situationen, in denen uns auch eine gegebenenfalls zu erwartende Abweisung ertragbar erscheint. Oder weil uns die Wahrheit mehr am Herzen liegt, meistens ist das in unseren Freundschaften und Beziehungen der Fall.

Keine zwischenmenschlische Beziehung würde lange überleben, wenn einer von beiden ständig lügt.

Aber wie meine Mama stets zu sagen pflegt. "Man sollte nicht immer lügen. Aber manchmal ist es einfach besser, mit der Wahrheit sparsam umzugehen.". In meinem Fall habe ich also gar nicht gelogen. Ich bin einfach sparsam mit der Wahrheit umgegangen, dass ich meine Serie lieber mag. Danke Mama :)


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