Donnerstag, 20. November 2014

Die Sache mit den Fehlern...

Es gibt eine ganz wunderbare Serie, die da heißt "Being Erica". In dieser geht es um eine junge Frau, deren Leben - drücken wir es mal sanft aus - ziemlich beschissen läuft. Dann trifft sie eine Art Therapeuten und bekommt in jeder Folge die Möglichkeit, einen (vermeintlichen) Fehlern in ihrem Leben nochmals zu durchleben und gegebenenfalls anders zu reagieren. Das Wunderbare daran? Oft stellen sich diese Entscheidungen genauer betrachtet als gar nicht so falsch heraus, oder sie lernt dadurch eine wichtige Lektion für ihr jetziges Leben. Solche Momente kennen wir wahrscheinlich alle. Fragen wie: "Was wäre, wenn ich damals doch den Job angenommen hätte?", "Wenn ich mich bei Tim/Kai/Whatever in dieser oder jener Situation anders verhalten hätte, wären wir dann noch zusammen?", "Wo würde ich jetzt stehen, wenn ich nicht diesen Weg eingeschlagen hätte?", die uns immer mal wieder durch den Kopf schwirren und manchmal dort ein Nest bauen.

Im letzten Monat habe ich nicht nur die Zusage für einen neuen Job erhalten, sondern mein Freund ist auch zu mir gezogen. Diese zwei großen Entscheidungen waren beides Dinge, die ich schon einmal vorhatte.

Meinem allerersten Freund wollte ich mit 19 einen Schlüssel für meine Wohnung schenken. Ich wollte, dass wir zusammen in meine allererste Wohnung ziehen, ich wollte eines dieser glücklichen Paare sein, die immer zusammen einschlafen und bei denen der eine auf dem Bauch des anderen liest, während dieser im Internet surft. Ich wollte Kerzenschein und Kuschelabende im Winter und Wasserschlachten auf dem Balkon im Sommer. Bekommen habe ich die Trennung. Damals kam mir alles unendlich unfair und traurig vor. Ich wusste nicht, ob ich etwas falsch gemacht hatte. Ob ich zu schnell zu viel gewollt hatte. Im Nachhinein weiß ich erstens, dass mich mit diesem Mann auch trotz gemeinsamer Wohnung auf die Dauer nicht allzuviel zusammengehalten hätte und zweitens habe ich dadurch vor allem eins gelernt: alleine zu sein. Was viele Menschen immer noch nicht können, habe ich quasi im Schnellkurs gelernt. Und gemerkt, dass so eine Wohnung ganz für sich verdammt toll sein kann. Anfangs, um sich richtig im Liebeskummer zu suhlen, später um ungehemmt durch die Wohnung zu tanzen und genau dann seine Ruhe zu haben, wenn man sie will.

Als ich jetzt mit meinem Freund zusammen gezogen bin, war das eine Entscheidung auf einer ganz anderen Ebene. Wir kennen uns. Die guten Seiten, die schlechten. Wir wissen, wie wir uns auf die Nerven gehen können, ohne unsere Nerven zu zerreißen, wir wissen wie wir uns zum Lachen bringen können und wann man den anderen besser in Ruhe lässt. Hatte ich damals noch eine völlig unvoreingenommene Sicht auf die Liebe, bin ich jetzt mit ihr erwachsen geworden. Ich weiß wie sehr sie schmerzen kann, und gebe vielleicht auch deshalb ein bisschen mehr auf sie acht. Ich werde nie wieder jemanden so lieben wie meinen ersten Freund. Man liebt anders, wenn man einmal verletzt worden ist. Aber ich kann daran im Nachhinein nichts Schlechtes finden. Jetzt wo ich weiß, wie kalt der Schatten sein kann, freue ich mich umso mehr über die Sonnenstrahlen. Das Zusammenziehen mit meinem Freund war beileibe nicht einfach. Ich die kleine Ordnungsfanatikerin, er der Sammler. Wir haben diskutiert und gestritten, Türen geknallt (er) und Sachen einfach weggeschmissen (ich). Und jetzt wohnen wir zusammen in diesem kleinen, noch etwas chaotischen Etwas, was jetzt unser Zuhause ist. Nicht mehr nur meins, unseres. Und das ist meistens verdammt schön. Ich weiß nicht, ob ich das damals so sehr zu schätzen gewusst hätte.

Auf meinen neuen Job hatte ich mir vor vier Jahren schon einmal beworben. Damals arbeitete ich in einem Job, der mich aufgrund seiner Beschaffenheit sehr unglücklich gemacht hatte. Die Bewerbung erschien mir wie eine Art Rettungsanker und ich wollte diese Stelle unbedingt. Dann hat sie eine Freundin von mir bekommen. Wer jetzt mitgerechnet hat weiß, dass diese Zeit ungefähr mit der Trennung meines ersten Freundes zusammenfiel. Ich habe nicht verstanden, warum ich nicht genommen wurde. Das Bewerbungsgespräch lief super, mir wurde gesagt, man könne es sich sehr gut mit mir vorstellen - und dann kam die Absage. Hätte mir damals jemand gesagt, dass das alles vier Jahre später einen Sinn ergibt, wahrscheinlich hätte ich das Bedürfnis gehabt, ihm eine zu knallen. Dafür erschien mir das Ganze viel zu ungerecht. Mal wieder fragte ich mich, was ich falsch gemacht hatte. Und jetzt weiß ich: gar nichts. Ich wäre wahrscheinlich noch gar nicht bereit für die Stelle gewesen und vielleicht sogar gnadenlos untergegangen. Nach einiger Zeit im ungeliebten Job kam eine neue Bewerbung, eine Zusage und damit knapp drei ereignisreiche Jahre in Stuttgart. Saß ich vorher "nur" am Empfang, habe ich dort gelernt, ein Sekretariat zu führen, Herausforderungen alleine anzunehmen, mit verschiedenen und nicht immer einfachen Charakteren umzugehen. Bin ich ganz am Anfang in Stuttgart teilweise noch heulend auf die Toilette, weil mir irgendein Kommentar naheging, kann ich jetzt viel professioneller mit Problemen umgehen und traue mir insgesamt um einiges mehr zu. Als die damalige Stelle jetzt wieder frei wurde, habe ich mich beworben - und sie bekommen. Ich bin natürlich trotzdem tierisch aufgeregt vor meinem ersten Arbeitstag, hoffe das ich alles richtig und einen guten Job mache. Aber ich weiß jetzt auch, was ich tun muss, wenn mal etwas nicht so läuft wie ich mir das vorgestellt habe.

Wenn mir also jemand die Möglichkeit geben würde, vier Jahre zurück zu reisen und die Dinge zu verändern...würde ich es tun?

Nein.

Wie ist das bei euch? Gibt es Situationen in eurem Leben, die euch jetzt in einem ganz anderen Licht erscheinen? Und wenn ja - welche?

Eines der schönsten Dinge, die mal jemand zu mir gesagt hat, ist folgendes:

Unser Leben ist wie ein großes Mosaikbild. Jetzt in diesem Moment weißt du nicht, warum du gerade einen dunklen Splitter abgekommen hast. Aber wenn du später auf dein Leben - auf das große Ganze - zurückschaust, wirst du sehen, warum dieser Splitter an genau dieser Stelle schwarz sein musste. Weil du dann das Bild dahinter kennst.

Wenn ihr also im Moment einen "schwarzen" Splitter habt, denkt darüber nach. Es könnte sein, dass er zu einem Sonnenuntergang gehört, der euch den Atem raubt.

2 Kommentare:

  1. Die Mosaikbild-Metapher finde ich toll. ♥
    Ich denke, es gibt immer Dinge, die man ungeschehen machen möcht, Momente und Orte, zu welchen man die Zeit zurückdrehen möchte. Mittlerweile finde ich mich mit diesen Wünschen immer mehr ab, denn ich liebe mein Leben und bin glücklich und damit ist alles erreicht - auch die schlechten Dinge gehören zum Leben.

    Ach ja: Ich liebe "Being Erica". :)

    Liebe Grüße

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  2. Ein wundervoll geschriebener Post, der viel von dir verrät. :)
    Ich war dieses Wochenende bei meinem Opa (den habe vorher 4 Jahre nicht gesehen, weshalb das schon besonders ist) und er hat ein paar Mal gesagt: Wie es kommt, kommt es gut.
    Ich denke, dass es stimmt und irgendwann einmal alles -sowohl das Gute als auch das Schlechte- seinen Sinn haben wird und darum sollten wir nie den Kopf in den Sand stecken. ;)

    Lieb Grüße ♥

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